Eine Bank, die bewegt

Das Leben auf dem Land ist so schön und so ruhig und … nicht immer optimal angebunden, wenn man nicht flexibel über ein eigenes Auto verfügen kann. So geht es vielen Menschen – eine nicht zu unterschätzende Zielgruppe, gerade wenn es um die berühmte Letzte Meile geht. Institutionelle, öffentliche und privatwirtschaftliche Initiativen wie zum Beispiel Ruf-Taxis, die hier Abhilfe schaffen können, gibt es in ganz Deutschland, und das auch schon seit Jahrzehnten. Doch möchten wir an dieser Stelle eine Initiative vorstellen, die mitten aus der Gesellschaft kommt.

Denn ein Ort sticht in Sachen Solidarität und Vordenkerschaft besonders heraus: die beschauliche Eifelgemeinde Speicher – südöstlich von Bitburg und nördlich von Trier gelegen. Ausgerechnet sie ist Vorreiterstandort für viele innovative Mitfahrzentralen in Deutschland. Zur Unterstützung des »Netzwerk Mobilität in der Verbandsgemeinde Speicher« wurde bereits 2014 eine Idee geboren: und zwar die zu einer Sitzbank.

Die »Mitfahrerbank« steht für ein Konzept, das Mitmenschlichkeit, Kooperation und Kommunikation im Ort und in der Gesellschaft fördert. Wortwörtlich: Denn aus der Idee, ein digitales Produkt zu schaffen, das in Form einer App Beförderungsgelegenheiten anbietet, wurde letztlich zu einem analogen Schatz. An jeder Ortsausfahrt steht eine eigens gekennzeichnete Sitzbank in der Signalfarbe Türkis, die vorbeifahrenden Autofahrer*innen signalisiert: Hier sitzt jemand, der oder die mitgenommen werden möchte.

Die Macher*innen aus der Gemeinde beschreiben ihr Konzept so: »Neben jeder dieser Bänke steht ein Schild, auf dem man anzeigen kann, wohin man gerne mitgenommen werden möchte. So können alle, die an der Bank vorbei in die richtige Richtung fahren, spontan entscheiden, ob sie gerade in der Stimmung sind, Mitfahrer*innen mitnehmen zu wollen – oder lieber nicht. […] Und wenn wir schon bei Klischees sind: So manches stimmt natürlich auch. Zum Beispiel das, dass man sich hier in der Gemeinde kennt: Meist dauert es nämlich nicht lange, bis jemand vorbeikommt, der oder die einen kennt. Oder auch mal einer fremden Person einen Gefallen tun will. Auch dafür steht die Mitfahrerbank.«

Und der Rückweg? Dafür wurden »Rückbänke« etabliert, die an wichtigen Knotenpunkten stehen, so zum Beispiel am Bahnhof in Speicher. So wird auch über das Gefährt Auto hinaus eine Verknüpfung zur Mitfahrerbank hergestellt, bei der der ÖPNV eine tragende Rolle spielt.

Mitfahrerbänke wie diese finden sich inzwischen bundesweit, viele allerdings wirklich in Rheinland-Pfalz. Zum Beispiel in Bernkastel-Kues an der Mosel mit einer beeindruckenden Zahl etablierter Bänke und Fahrtrichtungen. Und auch in Wilgartswiesen in der Pfalz ist der Tramper-Daumen überflüssig geworden: Die 19 idyllischen Bänkchen machen dort einen weiteren Baustein zum ÖPNV aus und stehen seit 2018 dank EU-Fördergeldern an wichtigen Knotenpunkten.

Und um die Faktoren Bequemlichkeit und Zeitnot stärker in den Fokus zu nehmen, gibt es laut SWR seit letztem Jahr Pläne, den Wunsch nach einer digitalen Lösung doch noch wahr werden zu lassen. Denn wenn es regnet oder man zum Beispiel pünktlich zu einem Termin muss, ist das Hoffen auf eine Mitfahrgelegenheit leider unpraktikabel. Während das Projekt in Speicher bereits von Trägern wie etwa der Caritas gefördert wird, interessiert sich nun auch die gemeinnützige Toyota Mobility Stiftung dafür: In Zusammenarbeit mit dem Eifelkreis werden aktuell Entwickler*innen gesucht, die den Traum einer digitalen Lösung in die Tat umsetzen können. Erwartet uns also bald ein neuer Exportschlager aus Rheinland-Pfalz?

Übrigens: Das Thema „Letzte Meile“ ist für viele Menschen von hoher Relevanz – so auch für die Mobility-Forschung. Künftig werden wir dieses berühmte Stückchen bis zur Haustür und seine kreativen Abhilfemaßnahmen in der Rubrik „Perspektiven“ genauer unter die Lupe nehmen.

 

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